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EmpireMarktgeschehen
9. September 2015

Apple vs. Motorola: Gericht kippt Patent für Wischbewegung

Der Rechtsstreit zwischen den großen Smartphonekonzernen hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Apple, Samsung, LG und Motorola kämpfen um Patente und somit um die Vorherrschaft auf dem Markt der Smartphones. Nach wie vor ist die Rechtslage auf diesem Gebiet strittig. Die aktuelle Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofs könnte sich daher als richtungsweisend erweisen.

Beinahe jeder, der schon einmal ein Gerät für den Empfang des mobilen Internets genutzt hat, kennt diese Funktion: Wer einmal mit dem Finger über den Bildschirm wischt, entsperrt nicht nur das eigene Telefon, sondern kann auch sehr einfach eine neue Seite auf dem Bildschirm aufrufen. Eine einfache Geste, die zur „Grundsprache“ in der Bedienung von Touchpads geworden ist. Doch wer hat sie erfunden? Apple beansprucht das Patent für sich und verwendet die Technik in allen Geräten mit Touchscreen. Motorola klagte von Anfang an erbittert gegen diesen exklusiven Anspruch – vor allen Gerichten in sämtlichen betroffenen Nationen des Weltmarktes und hinauf bis zur höchsten Instanz. Denn die Entscheidung über diese grundlegenden Techniken, auf denen der schnell wachsende Markt beruht, ist entscheidend.

 

Wischbewegung ist kein akzeptiertes Patent

Vor dem Deutschen Bundesgerichtshof hat Apple nun für sein Exklusivpatent für die „Wischbewegung“ eine Niederlage einstecken müssen. Dieser hat nämlich entschieden, dass es sich bei dieser Technologie durchaus um eine Innovation handelt, allerdings nicht von Apple. Die Wischbewegung kam bereits bei früheren Modellen anderer Hersteller zum Einsatz. Besonders die früheren Versionen der Handys mit Windows-Betriebssystem haben schon die Möglichkeit gehabt, mit dem Wisch eines Fingers neue Funktionen oder Bildschirme aufzurufen.

Dutzende ähnliche Verfahren sind derzeit in Gerichten rund um den Globus noch anhängig. Beinahe jeder Smartphonehersteller hat einen Prozess gegen einen anderen Anbieter laufen, meist geht es darum, wer eine Innovation von wem geklaut hat, und so häufen sich Klagen und Gegenklagen. Jede noch so kleine „Innovation“ wird vorsorglich als Patent angemeldet, um sich bestmöglich abzusichern und die anderen Hersteller aus dem Markt zu drängen. Ob diese Patente standhalten und tatsächlich eine schützenswerte Innovation darstellen, wird in Gerichtsprozessen geklärt, die sich über Jahre ziehen können.

 

Rückt die Hardware zurück ins Zentrum der Innovation?

Dem Urteil des Bundesgerichtshofs kommt in diesem Stellungskrieg der Konzerne eine wichtige Signalwirkung zu, denn er könnte für den europäischen Markt eine Kehrtwende anbahnen. Vieles deutet darauf hin, dass die obersten Gerichte vor allem die Hardware als schützenswert deklarieren, nicht aber Innovationen im Bereich Software und Usability. Patentrechtlich geschützt wären dann beispielsweise nur die Sensoren im Touchscreen, welche die Wischbewegung erfassen, nicht aber die Erfindung der Wischbewegung selbst.

 

Damit rückt die Hardware-Entwicklung wieder zurück in das Kerngeschäft der Technologiekonzerne. Auch in Deutschland, das in Sachen innovativer Hardware lange hinterherhinkte, breitet sich derzeit eine Art Goldgräberstimmung in Sachen innovativer Hardware aus. Auffällig viele Start-ups gehen derzeit mit dieser Mission an den Start und wer einen Blick in die einschlägigen Stellenportale wirft, wird feststellen, dass hier eifrig Personal aufgebaut wird. Für Apple ist die Niederlage vor dem deutschen Gericht dagegen eine ernst zu nehmende Gefahr. Denn der Konzern steht zwar durchaus für innovative Technologie, den weitaus größeren Vorsprung gegenüber der Konkurrenz erzielt er jedoch mit innovativer Usability. Sollte sich die neue, auf Hardware fixierte Auslegung des Patentrechts weiter festigen, werden sich diese Alleinstellungsmerkmale zumindest auf dem deutschen Markt schwer gegen Billiganbieter behaupten lassen.

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Uwe